Diagnostik des phonologischen Arbeitsgedächtnisses bei aussprachegestörten Kindern

 

Diagnostische Strategien bei der Erfassung der Leistung des phonologischen Arbeitsgedächtnisses bei aussprachegestörten Kindern:

  1. Berücksichtigung der individuellen Symptomatik der Aussprachestörung bei der Auswertung (aussprachesensible Auswertungen)
  2. Verwendung von Aufgabenstellungen, deren Bewertung nicht von Aussprachefehlern beeinflusst wird (aussprachetolerante Aufgabenstellungen)
  3. Anwendung von Auswertungsmethoden, die robust sind gegenüber Aussprachestörungen (aussprachetolerante Auswertungen)

Als neues Verfahren werden die Dannenbauer Pseudowörter (DPW) erprobt.

Diese Nachsprechaufgabe wurde mit einer Standardauswertung (=Wortauswertung) und einer neuen Feinstruktur-Auswertung (=Silbenauswertung) versehen. Diese Auswertungsstrategien sind auch auf andere Nachsprechtests anwendbar.

 

Dannenbauer Pseudowörter (DPW)

Für die Untersuchungsgruppe wurde auf das Itemset des Dannenbauer Pseudowörtertest (1999) zurückgegriffen. Dieses Testverfahren setzt sich zusammen aus insgesamt 36 ein- bis sechssilbigen Pseudowörtern, die aus vorhandenen Wörtern des Deutschen abgeleitet worden sind. Nach Vorgabe der ersten sechs einsilbigen Pseudowörter durch den Testleiter oder durch den Computer ist der Proband aufgefordert, die zwei- bis fünfsilbigen Prüfwörter in gemischter Reihenfolge zu imitieren. Werden hierbei mindestens drei der fünfsilbigen Pseudowörter korrekt wiedergegeben, so wird das Verfahren mit der Präsentation der sechs sechssilbigen Pseudowörter fortgesetzt.

Im anschließenden Bewertungsvorgang auf Wortebene erhält der Proband für jede ihm auf Anhieb gelungene Imitation zwei Punkte. Bei nicht-korrektem, ersten Versuch erfolgt eine erneute Vorgabe des Items, und der Testleiter bewertet eine erfolgreiche Nachsprechleistung im zweiten Versuch noch mit einem Punkt, im wiederum abweichenden Fall mit null Punkten. Die Punktsumme gilt als Maß für die Nachsprechleistung.

Zusätzlich zu dieser Wortauswertung (DPW-WA) ist eine verfeinerte Auswertung auf Silbenebene (DPW-SA) möglich, die auch die nicht-korrekten Antworten einbezieht. Pro Zielwortsilbe können hierbei drei Punkte vergeben werden: ein Punkt für das bloße Vorhandensein der Silbe, der zweite Punkt für die richtige Konsonant-Vokal-Struktur der Silbe und der dritte Punkt für die korrekte, phonologische Segmentbesetzung. Wird eine Silbe zuviel gesprochen, wird ein Punkt abgezogen.

Imitiert das Kind beispielsweise das Item /fre-kas/ als /fre-tas/, so erhält es insgesamt fünf Punkte: drei für die erste Silbe /fre/, da sie realisiert wurde, die korrekte Konsonant-Vokal-Struktur KKV aufweist und eine korrekte phonologische Segmentbesetzung besitzt; nur zwei Punkte hingegen für die Silbe /tas/, da die Zielvorgabe für die phonologische Segmentbesetzung nicht aus dem alveolaren Plosiv /t/ sondern dem velaren Plosiv /k/ besteht.

Durch diese silbenbezogene Art der Auswertung werden auch die Fehlreaktionen des Kindes einer Analyse zugänglich.

Die Items des DPW und eine für Durchführung und Auswertung hilfreiche Excel-Tabelle können unten heruntergeladen werden.

Es wurden bereits DPW-Orientierungswerte aus den Daten von 179 Kindern der Grundschule und Sprachheilschule im Alter von 7;0-8;0 gewonnen, die im Rahmen der Normierungsstudie zum WWT 6-10 (Glück 2007) erhoben wurden.

Insgesamt kann das Nachsprechen von Kunstwörtern als Verfahren zur Erfassung der Leistung des phonetischen Speichers angesehen werden.

Kopie von DPW-Mustertabelle.xls
Microsoft Excel Tabelle 35.0 KB

Aktuelles

17.02.2021

Die FAQs zum WWT 6-10 wurden erweitert.